ZENTRUM FÜR GANZHEITLICHE

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FRIEDEN IST KEIN ZUSTAND

Wenn es um Frieden geht, spielen Grenzen eine wichtige Rolle. Es geht um Landesgrenzen, die verteidigt werden müssen oder um persönliche Grenzen, die nicht übertreten werden dürfen. In beiden Fällen folgen oft Maßnahmen, die keineswegs zu mehr Frieden führen, sondern das Gefühl der Bedrohung auf beiden Seiten eher noch steigern. Denn dann werden Grenzen geschlossen, Kontakte abgebrochen, Ultimaten gestellt. Auch wenn all das oft im Namen des Friedens geschieht, ist offensichtlich, dass er auf diese Weise niemals entstehen kann. Was auf diese Weise entsteht, ist eine neuerliche Festlegung der Dominanz-Verhältnisse. Wenn der Unterlegene sich nicht mehr wehrt, ist der “Frieden” wiederhergestellt. Tatsächlich aber gab es vorher keinen Frieden und es gibt auch nachher keinen Frieden, aber es ist ruhig. Krieg, egal in welcher Form und auf welcher Ebene, ob im persönlichen oder im gesellschaftlichen Rahmen, hat noch nie zu Frieden geführt und wird das niemals tun. Krieg hat immer nur zu dieser Art von Ruhe geführt, unter der schon der nächste Krieg zu schwelen beginnt.

Die dritte Grenze
Außer den persönlichen und den politischen Grenzen gibt es noch eine dritte Art von Grenze, die den Frieden betreffend eine wichtige Rolle spielt. Und zwar die Grenze zwischen Bewusstsein und Unterbewusstsein. Wobei mit Unterbewusstsein hier die Ansammlung aller verdrängten Gefühle, von den allerersten Tagen unseres Lebens an, gemeint ist. Was wir dort unter Verschluss halten, bestimmt – ob wir das wollen oder nicht – unseren Umgang mit den Mitmenschen und der Welt im Allgemeinen. Alles was wir unerkannt im Unterbewusstsein haben, lenkt uns unmerklich. Alles was wir dorthin verdrängt haben, zwingt uns, es auf andere zu projizieren. Wir reagieren den Druck und den Schmerz aus unserem Inneren an den anderen ab. Wir missbrauchen einander tagtäglich als Projektionsflächen für das, was wir an uns selbst nicht aushalten.
• Das ist aus meiner Sicht die Erklärung für endlose Streitereien und endlose Kriege.
• Das ist die Erklärung dafür, warum Frieden so schwer erreichbar und so schwer zu halten ist – weil er in Wahrheit nicht erwünscht ist. Denn Frieden würde bedeuten, zur Gänze darauf zu verzichten, andere für den Schmerz verantwortlich zu machen den man in sich trägt.
• Das ist auch die Erklärung dafür, warum wir Menschen so unglaublich grausam und gefühllos sein können – nämlich dann, wenn all der aufgestaute Schmerz mit einem Mal herausbricht. Oder dann, wenn wir uns gegen unseren eigenen Schmerz so hart gemacht haben, dass wir gar nichts mehr spüren können.

Wirklicher Frieden ist ohne Kenntnis des eigenen Unterbewusstseins unmöglich. Daher ist die Grenze, um die es eigentlich geht, keine Landesgrenze oder persönliche Grenze, sondern die Grenze zwischen unserem Bewusstsein und unserem Unterbewusstsein. Und daher geht es darum, diese Grenze möglichst weit in Richtung Unterbewusstsein zu verschieben und uns mit all dem auseinanderzusetzen, was wir dort finden. Es geht darum, all dem Ungeliebten in uns das Maß an Liebe zukommen zu lassen, das es braucht, um erlöst zu werden. Das ist es, was uns zu einem nachhaltigen echten Frieden führt und zwar auf ganz natürliche Weise. Ohne Zwang und ohne Druck. Ohne Kontrolle und ohne Sanktionen. Ohne Waffen.

Dominanz weder fürchten noch bewundern
Bewusste Menschen sind friedvolle Menschen, die es gerne sehen, wenn andere ihre eigenen Wege gehen. Unbewusste Menschen unterliegen dem Zwang, andere zu bewerten, zu kritisieren, zu verurteilen, sich in das Leben anderer einzumischen und sie zu dominieren, ihnen ihren Willen und ihre Vorstellungen aufzuzwingen. Vor diesem Hintergrund wird klar, dass Dominanzstreben aus einem tiefem inneren Schmerz, einer tiefen Unzufriedenheit mit sich selbst heraus entsteht. Daran ist nichts Bewundernswertes, egal wie pompös oder eindrucksvoll es daherkommt. Solange wir dominieren wollen kann es keinen Frieden geben.

Frieden ist kein Zustand
Was kann also getan werden, um den Frieden zu finden und zu halten? Vielleicht ist es hilfreich, wenn man Frieden nicht als Zustand versteht. Nicht als etwas, das IST, sondern als etwas, das man MACHT und das aufhört, wenn man es nicht mehr macht.
In diesem Sinn kann man sagen, es ist nicht DER Frieden, sondern DAS Frieden. Ein Zeitwort, eine Tätigkeit, eine Handlung:
• Das Frieden ist Brücken zu bauen.
• Das Frieden ist in die Position des anderen zu schlüpfen, ohne Wenn und Aber.
• Das Frieden ist ein persönliches Bild einer friedvollen Gesellschaft in sich zu tragen, es zu nähren und zu pflegen.
• Das Frieden ist, die Verbindung zu suchen, zuallererst und vor allem zu mir selbst. Wenn ich mit mir selbst im Frieden bin und daher meine Mitmenschen von meinen Projektionen verschone, ist schon das Allerwichtigste geschehen.
• Das Frieden ist, sich immer wieder bewusst zu machen, dass wir alle Schmerz in uns tragen, mit dem jeder auf seine Art zu tun hat. Dieses Bewusstsein kann zu einer Art von Verbundenheit heranreifen, der keine Meinungsverschiedenheit mehr etwas anhaben kann.

Christian Ponleitner