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INNERER FRIEDEN

Urlaub, am Meer sitzen und dem Rauschen der Wellen zuhören. Ein guter Moment, um über Frieden nachzudenken, dachte ich. Die Wellen klatschen ruhig ans Ufer und ziehen sich wieder zurück, beides macht ein eigenes Geräusch.

Frieden! Was ist das eigentlich? Eine Zeit ohne Gewalt? Eine Zeit der inneren Ruhe und Gelassenheit? Da fällt mir das Zitat von Friedrich Schiller ein: „Es kann der Frömmste nicht in Frieden leben, wenn es dem bösen Nachbarn nicht gefällt.“ Das verstehe ich schon, es gibt einen äußeren Frieden – unsere täglichen Nachrichten leider – und es gibt einen inneren Frieden. Der innere Frieden verlangt scheinbar gewisse Bedingungen, denn der Frömmste findet ihn „leicht“. In der Wikipedia-Definition wird davon gesprochen, dass Frieden „das Ergebnis der Tugend der Friedfertigkeit ist und damit verbundener Friedensbemühungen.“ Es geht um meine moralischen Werte und wie ich sie lebe.

Die Wellen schwappen ohne Pause hin und her und erinnern mich, dass ich ein Mensch der Bipolarität bin, ich schwinge ständig zwischen den vielen Polen hin und her und orientiere mich immer wieder neu. Komme ich überhaupt zur Ruhe oder ist das immer nur ein kurzer Moment des Innehaltens, und dann geht es schon wieder weiter. Friede, Glück und Liebe fallen mir ein. Diese moralischen Werte bedeuten mir schon viel, ich strebe sie an. Ich würde sie gerne festmachen, festhalten.

Die Krankheit macht dann auch noch viel mit mir, vor allem viel Druck. Ich will leben, ich habe noch viele Pläne und Ziele. Interessanterweise würde ich meine Krankheit als äußere Störung betrachten, obwohl sie aus mir herauskommt. Die ist wie dieser böse Nachbar, eine Störung oder Beunruhigung. Die habe ich und gleichzeitig sitze ich da am Ufer und spüre einen friedvollen Moment. Das ist sehr entspannend. Auch bin ich mit Menschen unterwegs, da läuft es gut, es ist friedvoll. Das ist sehr entspannend. Es ist eine subtile, spannende Wahrnehmung, trotz äußerer Bedrohung kann ich mir Momente des inneren Friedens schaffen. Und diese Momente sind sehr entspannend, ja heilsam und geben mir Kraft. Muss ich dazu am Meer sitzen? Nein!

Es geht um meine innere Haltung, ich kann mich abgrenzen und diese Momente schaffen, jederzeit und überall. Sind nicht die berührendsten Gedichte in Momenten der größten Bedrohung geschrieben worden? Dietrich Bonhoeffer schrieb aus dem Gefängnis heraus, im Bewusstsein, bald sterben zu müssen, ein berührendes Gedicht: „Von guten Mächten wunderbar geborgen“ (D. Bonhoeffer, 19.12.1944). Es stellt sich die Frage, ob ich gläubig sein muss, um Frieden zu erleben. Ich glaube Nein, wenn auch der Glaube uns moralische Werte zur Verfügung stellt, die über das Individuum hinausgeht, und diese Werte zu leben, bringt Frieden. Ich glaube, dass wir Menschen die Fähigkeit haben, unter Bedingungen von Bedrohung und Krieg in uns eine Kraft zu entdecken, die uns für ein höheres Ideal leben lässt. Im humanistischen Gedankenbild entwickeln wir Fähigkeiten, die das Individuum überwindet, die sich einer besseren Existenzform zuwendet. Es gibt so viele Beispiele: die Nachbarschaftshilfe in der Zeit von Corona, die Bürgerinitiativen bei den Flüchtlingsdramen, das Zusammenrücken der Familie in der Zeit der Krankheit. Für meinen inneren Frieden geht es darum, welche Wertigkeiten ich für mich entwickle. Das Schöne ist, dass ich hier eine breite Auswahl habe und ich bleibe trotzdem Ich.

Ich schaue den Wellen weiter zu und trinke ein Glas Wein.

Thomas Schmitt

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